Das Nikolaus Groß Abendgymnasium wurde 1959 unter dem damaligen Namen „Bischöfliches Abendgymnasium“ gegründet. 2009 jährt sich dieses Ereignis zum 50. mal. Aus diesem Anlass ist das diesjährige Schulfest gleichzeitig auch die 50-Jahr-Feier der Schule. Bernhard Nadorf, Oberstudiendirektor i. K. und Leiter des Nikolaus Groß Abendgymnasiums hielt zu diesem Anlass die folgende Begrüßungsrede:
Begrüßung und Einführung in das Schuljubiläum
Hochverehrter Herr Weihbischof Schepers, Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kleine-Möllhoff, Liebe Festgäste,
Am 1. Oktober 1959 hat der erste Bischof von Essen, Dr. Franz Hengsbach das Bischöfliche Abendgymnasium gegründet. Heute feiern wir gemeinsam mit Ihnen, unseren Gästen das 50jährige Jubiläum unserer Schule. Dazu begrüße ich Sie alle sehr herzlich.
Mein ganz besonderer Gruß gilt Ihnen, Herr Weihbischof Schepers. Ich danke Ihnen, dass Sie mit uns den Gottesdienst gefeiert haben.
Unser Weg hat uns von der gemeinsamen Feier der Eucharistie in der Heilig-Kreuz-Kirche unter dem Bild unseres Namenspatrons Nikolaus Groß vorbei am Kreuz im Eingang der Schule hier in die Aula geführt. Wer diesen Weg gegangen ist und die Zeichen am Wege bewusst wahrgenommen hat, weiß, an welchem Kompass sich die Schulgemeinde des Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums orientiert.
Und so steht auch unser heutiger Festakt wie die Feier der Eucharistie im Zeichen des Eucharistein, des Dankens.
Sie, verehrte Gäste, mögen sich nicht alle untereinander kennen, und doch bilden Sie gemeinsam ein Netz, das diese Schule trägt und hält. Und so möchte ich Ihnen heute als Leiter des Abendgymnasiums danken, dass Sie unsere Schule in den vergangenen 50 Jahren begleitet, ermutigt und unterstützt haben.
Ihnen, Herr Weihbischof, dem Diözesanadministrator Weihbischof Franz Vorrath und Ihren verehrten Vorgängern im Bischöflichen Amt: Dr. Franz Hengsbach, Dr. Hubert Luthe und Dr. Felix Genn. Sie sind unser Schulträger, Sie sind der Anker, mit dem das Nikolaus-Groß-Abendgymnasium fest vertaut und verbunden ist.
Herrn Minister Armin Laschet, der in ca. einer Stunde eintreffen wird und mit ihm der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen und allen Landesregierungen seit 1959, dass sie die Schulen des Zweiten Bildungsweges auch im bundesweiten und internationalen Vergleich zu einem integrativen Bestandteil eines Schulsystems ausgebaut haben, das lebenslanges Lernen ermöglicht und fördert.
Ihnen, Herrn Bürgermeister Kleine-Möllhoff für die ausgezeichnete Kooperation mit den Einrichtungen der Weiterbildung in der Trägerschaft der Stadt Essen, insbesondere der Abendrealschule, der Volkshochschule und dem Ruhrkolleg. Das Aufbaugymnasium, das Sie leiten und das Abendgymnasium sind als Nachbarschulen im Südostviertel gemeinsam dem Gedanken der Integration und der Förderung verpflichtet.
Ihnen, Herr Ottersbach und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bischöflichen Generalvikariat für jede ideelle und materielle Unterstützung und Hilfe. Ohne die zuverlässige und vertrauensvolle Zusammenarbeit unserer Schule mit Ihrem Dezernat wären die vergangenen 50 Jahre nicht vorstellbar.
Ihnen, Frau Lenkaitis für die gute und verlässliche Kooperation mit der staatlichen Schulaufsichtsbehörde und für das Verständnis, mit dem Sie und Ihre Vorgänger im Amt des Dezernenten den Weiterbildungseinrichtungen in der Trägerschaft der katholischen Kirche begegnen.
Zu unserem Netzwerk gehören auch Pater Christoph und die Stadtteilinitiative mit ihrem unermüdlichen Einsatz für Integration und soziale Gerechtigkeit im Südostviertel und die Bezirksvertretung mit ihrem Bezirksbürgermeister Herrn Valerius.
Unter uns sind auch die Kolleginnen und Kollegen von der Arbeitsgemeinschaft katholischer Schulen im Bistum Essen und der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Kollegs und Abendgymnasien, mit denen wir vernetzt sind in dem gemeinsamen Bestreben, das besondere Profil unserer katholischen Schulen und Abendgymnasien weiterzuentwickeln.
Darüber hinaus pflegen wir eine enge Zusammenarbeit mit den Kollegen im Bundesring und Landesring der Abendgymnasien, in denen wir gemeinsam für die Interessen unser Studierenden eintreten.
Mein tief empfundener Dank gilt meinem Vorgänger im Amt des Schulleiters, Horst Graebe, der diese Schule von 1968 bis 1994 geleitet hat, und ich freue mich besonders, dass der Sohn von Herrn Dr. Allekotte, Herr Hans-Georg Allekotte heute unter uns weilt.
Als unseren Ehrengast begrüße ich ganz herzlich Herrn Bernhard Groß, den jüngsten Sohn unseres Namenspatrons des Seligen Nikolaus Groß, der uns seit der Namengebung unserer Schule im Jahre 1995 immer mit seinem Rat begleitet und unterstützt hat.
Mein besonderer Dank gilt mit unseren ehemaligen Schulleitern und den ehemaligen Schulseelsorgern auch und vor allem Ihnen, den Lehrerinnen und Lehrern und auch den Ehemaligen für Ihren Einsatz und Ihr Engagement im Dienste unserer Studierenden. Sie sind das Herz unserer Schule und seine Brücke in die Zukunft.
Ich danke auch Ihnen, den ehemaligen Studierenden unserer Schule. In Ihren Gesichtern und in Ihren Biographien spiegelt sich die Geschichte der vergangenen 50 Jahre. Mit Ihren Lebenserfahrungen bilden Sie den Areopag und das House of Lords dieser Schule. Wir sind auf Ihre Lebensweisheit und auf Ihre Erfahrungen in Schule, Hochschule und Beruf angewiesen.
Und nicht zuletzt Ihnen, den Studierenden, die uns heute im Jahre 2009 ihr Vertrauen schenken und uns immer wieder durch ihre Leistungsbereitschaft und durch ihre positiven Prüfungsergebnisse überraschen. In Ihren Lebenswegen wird sich die Zukunft dieser Gesellschaft in den Jahren von 2009 bis 2059 widerspiegeln.
Mit dem Dank für die vergangenen 50 Jahre verbinde ich die feste Hoffnung und Zuversicht, dass sich das Netz, mit dem Sie uns in den vergangenen Jahren getragen haben, auch in Zukunft als tragfähig und belastbar erweisen wird.
Liebe Festgäste: Sie alle haben von uns eine Einladungskarte erhalten, in deren Mitte Menschen stehen; Studierende dieser Schule im Jahre 1959 und im Jahre 2009. Die Studierenden auf dem farbigen Bild gehören zu der Generation der Enkelkinder; unsere Studierenden auf dem schwarz-weiß Foto: Das sind ihre Großväter, die dieses Abendgymnasium im Jahre 1959 besucht haben.
Was ist die Motivation, die Großeltern, Eltern und Kinder in all diesen Jahren im lebenslangen Lernen miteinander verbindet?
Unsere Studierenden selbst und ihre Lehrer haben sie in prägnanten Sätzen auf den Punkt gebracht; sie durchziehen die Geschichte dieser Schule wie ein roter Faden – von 1959 bis 2009.
„Von der siebten Sohle bis zur Akropolis“ mit diesem Geleitwort hat der erste Schulleiter des Bischöflichen Abendgymnasiums, Herr Dr. Heinrich Allekotte die ersten Abiturienten im Jahre 1963 verabschiedet. Von ganz unten in einer Zeche des Ruhrgebietes nach ganz oben in die Höhen der klassischen Bildung, in die Oberstadt von Athen – wie besser könnte man das „Bauchgefühl“ vieler Arbeiter im Ruhrgebiet beschreiben auf ihrer Suche nach Bildung und sozialem Aufstieg?
Sie verbindet die ersten Studierenden des Bischöflichen Abendgymnasiums mit den Mitgliedern der katholischen Arbeiterbildungsvereine des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie wurden von der katholischen Arbeitnehmerbewegung an der Ruhr gegründet, um die Bildungsbenachteiligung breiter Bevölkerungsschichten zu überwinden, um den entwurzelten Zuwanderern neue Wurzeln, Heimat und menschliche Würde zu geben und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, schulische und nichtschulische Qualifikationen zu erwerben.
Ihre erste Schulzeitschrift nannten die Studierenden in Anlehnung an Xenophon „Anabasis“ – das heißt „hinaufsteigen“.
Die ehemaligen Studierenden, die heute unter uns sind, wissen, dass diese Anabasis in einer berufsbegleitenden Schule mühsam ist, aber genauso wichtig wie der Weg vom Basiscamp des Vorkurses auf den Gipfel des Abiturs ist das Gefühl, es am Ende geschafft zu haben.
Warum hat das junge Bistum am 01. Oktober 1959, nur 20 Monate nach seiner Gründung eine Schule der Zweiten Chance für diese Gipfelstürmer aus dem Ruhrgebiet gegründet?
Bischof Dr. Franz Hengsbach hat diese Frage in seiner Festansprache zum 10. Jubiläum der Schule am 4.10. 1969 folgendermaßen beantwortet, und ich zitiere nach dem Protokoll dieser Veranstaltung:
„Bischof Dr. Franz Hengsbach betonte in seiner Anspra¬che, dass seit der Gründung des Bistums Essen neben Fragen der Seelsorge auch soziale Maßnahmen im Vor¬dergrund aller Überlegungen gestanden hätten. Daher sei sehr bald der Plan zur Gründung des Abendgymnasiums gefasst worden.
`Die seelsorgliche und die so¬ziale Komponente flossen zusammen in den Bemühungen, die wir dann auch in sichtbaren Institutionen verdich¬teten, und die erste der derartigen Institutionen ist unser Abendgymnasium`
Der Bischof sagte dem Abendgymnasium auch für die Zukunft jede nur mögliche Unterstützung zu.“
Die Gründung eines Abendgymnasiums, einer Schule der Zweiten Chance ist somit auch ein Ausdruck für das sozialpolitische Engagement eines Bistums, das bundesweit als soziales Bistum bezeichnet wird – und das zu Recht. Vielfältig sind die Aktivitäten des Bistums Essen, seiner Pfarrgemeinden und Sozialverbände, um im diakonalen Dienst Menschen in Not zu unterstützen – sowohl innerhalb dieser Region, aber auch weit darüber hinaus in den Ländern der Einen Welt – mit dem Bischöflichen Hilfswerk Adveniat, das zwei Jahre nach dem Abendgymnasium gegründet wurde.
Unser Bistum ist 51 Jahre jung, aber die Tradition des Christentums an der Ruhr ist 1200 Jahre alt. Als Schule im Schatten des Münsters war und ist das Abendgymnasium fest in dieser Geschichte verwurzelt.
Unser Gründerbischof Dr. Franz Hengsbach hat die Verbindung von Glaube und Bildung in der Geschichte dieser Stadt folgendermaßen beschrieben:
„Essen selbst verdankt seine Gründung der ersten Schule am Münster, der Schule des vom Bischof Altfrid gegründeten Stiftes, in der die Essener Äbtissinnen die Töchter der sächsischen Adeligen erziehen ließen, nachdem Ludgerus selbst in der Abtei Werden bereits eine Schule für junge Männer eingerichtet hatte. 300 Jahre später folgte der Stiftsschule dann das Burggymnasium als neue Schule am Münster, von den Äbtissinnen den Jesuiten anvertraut. Im gleichen geistigen Strom, aber der Lebenssituation der Menschen in der industriellen Gesellschaft entsprechend, steht „die dritte „Schule am Münster“, das Bischöfliche Abendgymnasium …“
Die Kirche im Ruhrgebiet hat die Verkündigung des Glaubens und die Gründung von Bildungseinrichtungen immer als integrativen Bestandteil ihrer Sorge für die Menschen betrachtet. Wenn wir in diesen Tagen an den 1200jährigen Todestag des Heiligen Ludgerus erinnern, dann wird diese Tradition einer symbiotischen Beziehung von Kirche und Schule in dieser Region immer wieder lebendig in den großen Kloster- und Ordensschulen unserer Städte und in den Schulgründungen des Bistums Essen.
Liebe Festgemeinde: Bergsteiger, die sich in einem schwierigen Aufstieg auf den Weg zum Gipfel machen, brauchen erfahrene Bergführer, die ihnen Mut machen, den ersten Schritt zu tun und bei schwerem Wetter nicht aufzugeben. Und so gibt es einen weiteren – inzwischen legendären Ausspruch unseres ersten Schulleiters, an den sich viele ehemalige Studierenden erinnern:
„Potuerunt hi, potuerunt hae, cur non ego?“
Diese (Männer) haben es gekonnt, diese (Frauen) haben es gekonnt, warum nicht ich?
Es hat 50 Jahre gedauert, bis ein amerikanischer Präsident, Barack Obama, der ebenfalls von der „Von der siebten Sohle bis zur Akropolis“ gekommen ist, eine Antwort auf diese Frage gegeben hat:
„Yes, we can“
Schulen des Zweiten Bildungsweges müssen Schulen der Ermutigung sein, denn viele, die zu uns kommen, sind durch ihre Erfahrungen im ersten Bildungsweg entmutigt. Das Nikolaus-Groß-Abendgymnasium ist nicht nur eine Schule der zweiten, sondern auch in der Regel der letzten Chance. Einen Dritten Bildungsweg gibt es nicht.
Dies begründet unsere Verpflichtung, junge Menschen, die eine doppelte Belastung von Beruf und Schule auf sich nehmen, zu ermutigen, diesen Aufstieg zu wagen, in einer Seilschaft, die sie mit Solidarität und Compassion begleitet.
Auf der Rückseite Ihrer Einladung finden Sie, liebe Gäste, ein Wort, das unsere Schule und das Bistum Essen in diesen 50 und 51 Jahren immer begleitet hat: Vom Wappen des ersten Bischofs von Essen über die Leuchtschrift im Parkstadion beim Besuch unseres Papstes Johannes Paul II im Jahre 1987 bis hin zur Seligsprechung von Nikolaus Groß im Jahre 2001
Eritis mihi testes
Ihr werdet mir Zeugen sein
Was bedeutet dieses prophetische Wort konkret für die Vergangenheit, Gegenwart und vor allem für die Zukunft der Studierenden und Lehrenden unseres Abendgymnasiums?
Unser Diözesanadministrator Weihbischof Franz Vorrath, der unsere Schule noch im Februar besuchte und dabei intensive Gespräche mit Lehrenden und Studierenden geführt hat, fasst seine Gedanken zu diesem Wort aus der Apostelgeschichte in einem Beitrag zu unserer Festschrift folgendermaßen zusammen:
„In gleicher Weise aber wirken viele Absolventinnen und Absolventen des Weiterbildungskollegs auf der Basis ihres in der Schule erworbenen Wissens, der dort erfahrenen Glaubensstärkung und – prägung als Zeugen der Glaubensbotschaft einer Kirche mitten in der Gesellschaft. Seit ihrer Gründung vor 50 Jahren ist die Schule dem Leitbild verpflichtet, dass weder die Flucht aus der Welt noch eine falsch verstandene Anpassung an die Welt geboten sind. Vielmehr ist ein Wirken in die Welt hinein, eine Einmischung zum Wohle des Einzelnen zur Verbesserung seiner Lebensumstände notwendig. Dies führt dann zwar noch nicht zu einer allumfassenden, aber insgesamt dennoch zu einer stetig fortschreitenden Verwirklichung von gerechteren Lebensverhältnissen.“
Menschen, die sich als Zeugen des Glaubens heute zum Wohle des Menschen einmischen, folgen dem Beispiel unseres Namenspatrons Nikolaus Groß, der als Bergarbeiter begann und sich auch nach dem Ende seiner Weiterbildung solidarisch für die Interessen seiner Kolleginnen und Kollegen einsetzte. Als Chefredakteur einer großen Zeitung mischte er sich ein, als dies mit Lebensgefahr verbunden war. Menschen, die gegen Rassismus und Ausgrenzung eintreten und sich mit Zivilcourage für die Würde des Menschen einsetzen, die für eine Gesellschaft eintreten, die geprägt ist durch Solidarität, Subsidiarität und Personalität, werden in dieser Schule, diesem Bistum und seinem Seligen immer starke Bündnispartner haben.
So ist die Biographie dieses Arbeiters, der am 07. Oktober 2001 zur Ehre der Altäre erhoben wurde, eine weitere starke Klammer zwischen unserer Schule und dem Bistum Essen; diese Schule steht wie Nikolaus Groß mit beiden Beinen in Kirche und Gesellschaft.
Schon lange, bevor Bischof Dr. Franz Hengsbach ahnen konnte, dass seine Schule einmal den Namen Nikolaus Groß tragen würde, hat er auf die Bedeutung von Nikolaus Groß als Vorbild und Identifikationsstifter hingewiesen:
„Das Ruhrbistum hätte keinen glaubhafteren Menschen finden können, der – wie Nikolaus Groß – alle Bereiche dieser Ruhrregion abdeckt: Stahlarbeiter, Bergmann, Gewerkschaftler, Journalist, Ehemann, Familienvater und Mann des Widerstandes aus christlicher Glaubensüberzeugung. Jeder kann sich in ihm, wenn er auf Spurensuche geht, wiederfinden.“
Und unser Altbischof Dr. Hubert Luthe ermutigt die Schulgemeinde des Abendgymnasiums, das er im Januar 1995 nach Nikolaus-Groß benannt hat, seinem Beispiel auch in Zukunft zu folgen.
„Wofür stand und steht Nikolaus Groß? Er steht für die Solidarität mit den Arbeitern, zu denen er gehört hatte. Er steht für einen unabgelenkten, geraden Blick auf seine Zeit, auf deren Ideen und Ideologien, auf ihr Wirtschaftsgefüge, auf Strömungen, Parolen und Bewegungen. Er steht für ein unabhängiges und unbestechliches, für ein furcht¬loses, oft auch entlarvendes Urteil. Er steht für die Konsequenzen seines Wortes und seiner Entscheidungen. Er steht für ein unangepasstes Leben. Er steht in all dem für die Wahrheit, für die Wahrheit in ihren Stufen. Er steht zu dem, der sich selbst „die Wahrheit“ (Joh 14,6) genannt hat. – Nikolaus Groß. Zeuge der Wahrheit!
Ich bitte Sie alle: Denken Sie eigene Gedanken. Bilden und bewahren Sie sich ein selbständiges Urteil. Bleiben Sie gottesfürchtig, und wollen sie nicht Menschen ge¬fallen (vgl. Gal 1,10). Seien Sie wahrhaftig. Suchen und bekennen Sie hinter allen Wahrheiten die eine große Wahrheit. Prüfen Sie sich immer wieder, schauen Sie auf den Namensgeber Ihrer Schule und nehmen an ihm Maß. Mit Ihnen bitte ich den Seligen um seinen Schutz: Dass er bei Gott für uns einstehe.“
Liebe Festgemeinde: Das Nikolaus-Groß-Abendgymnasium hat im Laufe der vergangenen 50 Jahre viele Veränderungen erlebt, und wir haben sie in unserer Festschrift dokumentiert: von unserem Umzug im Jahre 1973 über die Aufnahme von Frauen, die Einführung des Systems der gymnasialen Oberstufe, die Namengebung im Jahre 1995 und die Einführung des Schichtsystems bis hin zum Zentralabitur im vergangenen Jahr, an dem unsere Studierenden mit großem Erfolg teilgenommen haben.
Unverändert bleibt die Orientierung an den Grundprinzipien, die wie im Jahre unserer Gründung und wie heute/ auch im Jahre 2059 unsere pädagogische Arbeit prägen werden.
In Übereinstimmung mit unserem Namenspatron und unserem Bistum ist das Nikolaus-Groß-Abendgymnasium eine Schule, die sich nicht anpasst, sondern fest auf der Grundlage der christlichen Grundwerte steht, die ihren Namenspatron in schwerer Zeit begleitet haben.
Gleichzeitig ziehen wir uns nicht in das Schneckenhaus einer Weltflucht zurück. Wir sind offen für den Dialog mit Menschen, die zu uns kommen, weil wir als katholische ebenso wie als evangelische Kirche davon überzeugt sind: „Die Kirche kennt keine Fremden.“
Wie keine andere Region in Deutschland ist das Ruhrgebiet von der Migration geprägt. Viele von uns, die heute hier sind, waren vor 50 Jahren nicht hier, und es ist sehr wahrscheinlich, dass viele, die am 02. Oktober 2059 in dieser Aula sitzen werden, bis dahin neu zugewandert sein werden. Sie liebe Gäste, sind nicht ein Problem, sondern eine Bereicherung für dieses Land. Wir selbst und viele Studierende, die unsere Schule besucht haben, sind Beispiele für eine erfolgreiche Integration durch Bildung. Und so wird es auch mit den vielen anderen sein, die in Zukunft zu uns kommen werden. Unsere Aufgabe besteht darin, diese Menschen mit Gastfreundschaft aufzunehmen und ihnen zu helfen, hier eine neue Heimat zu finden – durch Angebote der Integration im Bereich von Sprache, staatsbürgerlicher Bildung und schulischer Qualifikation.
Wir wollen mit einer Pädagogik der Ermutigung und der individuellen Förderung unserer Studierenden dazu beitragen, dass sie und die anderen, die ihre Ziele im Ersten Bildungsweg nicht erreicht haben, eine zweite Chance erfolgreich wahrnehmen.
Mit ihren unterschiedlichen Biographien und Fähigkeiten, mit ihren Träumen und Zukunftserwartungen bilden die Studierenden unserer Schule, die Sie dort auf den Fotos sehen, einen farbenreichen Regenbogen. So wie der Regenbogen den Aufbruch, die Hoffnung und die Zukunft symbolisiert, so geht auch von diesem heutigen Tag ein positives Signal aus für die Zukunft unserer Schulgemeinde.
Liebe Festgäste: Bistümer haben eine hohe Lebenserwartung. Das älteste Bistum in Deutschland ist das Bistum Trier. Es wurde im Jahre 295 n. Chr. gegründet und ist heute 1714 Jahre alt. Wenn ich davon ausgehe, dass unser Bistum, mit dem wir jetzt seit 50 Jahren einen gemeinsamen Weg von insgesamt 51 Jahren gehen, mindestens genauso alt wird wie das Bistum Trier, so liegen noch bis zum Jahre 3672 spannende 1663 Jahre vor uns.
Wir, die Studierenden und Lehrenden des Nikolaus-Groß-Abendgymnasiums freuen uns auf diesen gemeinsamen Weg.
Glück auf.