Ich möchte Euch Mut machen

von | 18.02.2004

Vor wenigen Tagen wurde er an alle Pfarreien des Bistums Essen verschickt: der Hirtenbrief von Bischof Dr. Felix Genn zum „Jahr der Jugend“. Er lädt ein, sich auf den Weltjugendtag zu freuen und vorzubereiten:

Liebe jugendliche Mitchristen im Bistum Essen!

Seit dem 6. Juli 2003 bin ich Bischof von Essen. Ich bin also auch euer Bischof. Für mich ist dieses Datum eine große Wende in meinem Leben. Ich habe viele Jahre und Jahrzehnte meines Lebens in einer ganz anderen Region unseres Landes gelebt. Das Ruhrgebiet und das Sauerland waren mir fremd. Deshalb bin ich seit den vergangenen Monaten sehr darauf angewiesen, nicht nur von meiner Seite aus Menschen zu begegnen, sie kennen zu lernen und mit ihnen neue Kontakte zu knüpfen, sondern auch von den Menschen angenommen zu werden. Dies durfte ich in reichem Maße erfahren. Dabei erinnere ich mich im Blick auf eure Altersgruppe sehr gerne an meine erste große Begegnung mit den jungen Christinnen und Christen des Bistums Essen in der Wallfahrtskirche in Neviges am Abend des 27. September. Die große Zahl, die frische Begeisterung und die andächtige Stille während unseres gemeinsamen Betens haben mich sehr beeindruckt und berührt. Ich spürte, dass ich in eine Gruppe von Menschen gekommen bin, die bereit sind, mit mir Christ zu sein, mit mir zu glauben und zu beten.

Es gibt noch eine andere schöne Erfahrung, die ich zu Beginn meiner bischöflichen Tätigkeit in Essen machen durfte. Ich habe in den Jahren 2000 und 2002 in Rom und in Toronto an den Weltjugendtagen teilgenommen. Das war für mich eine sehr bewegende und reiche Zeit. Ehrlich gesagt ist mir der Abschied von Trier in der Begegnung mit den Jugendlichen, die ich von Rom und Toronto her kannte, am meisten zu Herzen gegangen. Ich fragte mich: Wie wird es wohl mit der Vorbereitung für den Weltjugendtag 2005 in Köln aussehen? Zu meiner großen Freude durfte ich erleben, dass es bei uns hier eine hohe Motivation gibt, in die Vorbereitung dieses großen Ereignisses in unserem Land einzusteigen, dabei mitzumachen und sich jetzt schon auf die einzelnen Etappen zu freuen.

Ich könnte noch von Begegnungen mit manchen Messdienergruppen, mit Firmlingen in den Gemeinden oder im Dom erzählen, ich denke auch an die Einweihung der Diözesanstelle der Katholischen Jungen Gemeinde und die große Demonstration der Schülerinnen und Schüler am 14. November. Das alles ermutigt mich, bei euch als Bischof tätig zu sein und die Botschaft von Jesus Christus und dem Leben, das er uns gebracht hat, zu verkünden. So konnte ich auch gut auf den Vorschlag eingehen, das Jahr 2004 zum Jahr der Jugend zu erklären. Dazu möchte ich euch heute einladen.

Ich denke dabei in erster Linie an eine wichtige Akzentsetzung in unseren Gemeinden und in unserem Bistum. Vieles, was selbstverständlich an Jugendarbeit in Verbänden, Gruppen und Gemeinden geschieht, soll ganz bewusst in den Blick genommen werden – sowohl von den Verantwortlichen in den Gemeinden als auch von den Jugendlichen selbst. So könnten sich die Jugendlichen einer Gemeinde fragen, wie sie überhaupt im Pfarrgemeinderat vertreten sind. Sie könnten den Pfarrgemeinderat befragen, wie sie mit ihm ins Gespräch über ihren Platz in der Gemeinde kommen könnten. Die Aktionen, die in diesem Jahr anstehen und von denen ich noch erzählen will, können dafür ein guter Anknüpfungspunkt sein. Ihr Jugendlichen könntet euch selber in euren Gruppen Gedanken machen, ob ihr überhaupt noch mit der Gemeinde verbunden seid und was euch Kirche bedeutet und geben könnte. Mich bewegt sehr, neben den vielen positiven Erfahrungen, dass es gerade für junge Menschen sehr schwer ist, eine Perspektive für ihr Leben zu finden. Arbeitslosigkeit, Lehrstellenmangel sind nur zwei Stichworte. Natürlich gehört aber auch die allgemeine Frustration dazu. Kommen diese Fragen bei euch Jugendlichen überhaupt zur Sprache? Ich möchte euch – nicht nur mit diesem Brief – Mut machen, selbst aktiv zu werden und eure Situation in Kirche und Gesellschaft zur Sprache zu bringen.

Ich möchte euch aber auch Mut machen zu glauben. Ich selbst bin nämlich durch meine Erfahrung zur Überzeugung gekommen: Glaube macht es möglich, Sinn für das Leben zu finden. Dieser Glaube lebt von Menschen, die von ihm sprechen und ihn zu leben versuchen. Dieser Glaube braucht aber auch Orte zur Begegnung. Mir ist sehr daran gelegen, dass Kirche der Ort der Begegnung mit der Jugend ist. Wir dürfen und können es uns als Kirche überhaupt nicht erlauben, euch und eure Anliegen aus dem Blick zu verlieren. Ihr seid nämlich die Zukunft der Kirche. Mehr noch: Ihr seid, wie es der Heilige Vater Johannes Paul II. in seiner Einladung zum Weltjugendtag nach Köln formuliert hat, „Baumeister einer Zivilisation der Liebe und der Gerechtigkeit“.

Der Papst ist übrigens jemand, der der Jugend dies wirklich zutraut. Ich will mich dem in aller Deutlichkeit anschließen. Es darf nicht sein, dass junge Menschen an Ruhr und Lenne, im Sauerland und in den großen Städten unseres Bistums keine Perspektive für sich sehen! Ich brauche euch als junge Mit-Christen, damit die vielen Jugendlichen, die nicht mehr glauben oder die glauben, nicht zu glauben, von dem berührt werden, was uns als Christinnen und Christen am Herzen liegt. Und das ist: Jesus Christus. In ihm hat Gott seine Hand zu uns ausgestreckt, ja er ist selber zu uns gekommen. Er hat unser Leben geteilt. Er ist vor den Schwierigkeiten des Lebens nicht zurückgewichen, ja er ist sogar in die Ohnmacht von Kreuz, Leiden und Tod hineingegangen.

Wenn Gott sich in ein solches Unternehmen wagt, unser menschliches Leben zu teilen bis in den Tod hinein – dann haben die Mächte des Todes nicht das letzte Wort. Sie hätten es, wäre er im Tod geblieben. Als einer, der aus dem Tod auferstanden ist, hat er durch den Tod hindurch die Tore zum Leben geöffnet, das bleibt. Hier wurzelt die Hoffnung der Christen, hier gründet unser Sprechen vom Sinn des Lebens. Das möchte ich mit euch glauben. Das möchte ich mit euch den Menschen sagen und verkünden.

In diesem Jahr wird es eine besondere Aktion in der ganzen Bundesrepublik geben, die sich fortsetzt bis zum Beginn des Weltjugendtages im August 2005 in Köln. Das Weltjugendtagskreuz kommt am Palmsonntag, 4. April 2004, nach Berlin und tritt dann einen Pilgerweg an durch die deutschen Diözesen. Ins Bistum Essen wird dieses Kreuz – das Zeichen unserer Erlösung – in den Tagen vom 27. November bis 16. Dezember 2004 gebracht. Ich freue mich schon jetzt darauf, diese Begegnung mit dem Kreuz mit euch allen erleben zu können. Zusammen mit diesem Kreuz kommt das Bild der Mutter Gottes nach Deutschland, das der Papst in Rom beim Weltjugendtag 2000 den Jugendlichen aller Welt übergeben hat. Maria wird darin als die Wegbegleiterin der Christinnen und Christen verehrt. Sie hat als erste zu dem Angebot Gottes, die Welt zu erlösen, Ja gesagt und dafür ihren Leib und ihr Leben zur Verfügung gestellt. So wurde Gott durch sie Mensch. Ihr blieben aber auch die Stunden des Schmerzes, des Leides und der Trauer nicht erspart. So kann sie uns auf unserem Pilgerweg mit dem Weltjugendtagskreuz, aber auch in unserem Leben begleiten.

Es wäre schön, wenn ihr in euren Gemeinden euch auf die Begegnung mit dem Weltjugendtagskreuz vorbereitet. Darüber hinaus könnt ihr aber auch jetzt schon aktiv werden, den Weltjugendtag im Jahre 2005 vorzubereiten. In den Tagen vom 11. bis 14. August 2005 werden ungefähr 30000 Jugendliche aus aller Welt im Bistum Essen als Gäste erwartet. Welch eine Begegnungsmöglichkeit mit Menschen aus aller Herren Länder ins Gespräch und in den Austausch über Glauben und Leben zu kommen! Ich danke jetzt schon für die Gastfreundschaft, die in den Gemeinden geübt wird.

Höhepunkt wird dann der Weltjugendtag in Köln vom 15. bis 21. August 2005 sein. Herzlich lade ich euch alle dazu ein und würde mich freuen, wenn möglichst viele dieser Einladung folgen. Ein solches Großereignis kann in euch die Kreativität wecken, dabei mitzuwirken, Gastgeber und Partner für den Austausch im Glauben zu sein.

Liebe jugendliche Mitchristen, das Jahr 2004 wird ein Jahr der Jugend in unseren Gemeinden, in unserem Bistum. Ich freue mich darauf. Herzlich grüße ich euch und wünsche euch den Segen Gottes für alle eure Unternehmungen, für euer persönliches Leben und für euer Suchen und Fragen. Mit euch zusammen möchte ich mit meinem Leitwort, das ich über meinen bischöflichen Dienst gestellt habe, zusammenwirken: „Wir verkünden euch das Leben.“ So segne euch der Gott des Lebens, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Mit freundlichen Grüßen!

Euer Bischof Felix Genn