Am Ende des Wintersemesters behandelte das damalige Semester 1a im Rahmen des Unterrichtsvorhabens Lyrik einen Poetry Slam. Im Unterricht entstanden viele kreative und poetische Auseinandersetzungen mit dem Alltag. Einige Studierende haben ihre Werke für die Homepage bereitgestellt, um einen Einblick in die Ergebnisse dieser Arbeit zu geben:
Guten Morgen!
Guten Morgen! (C. Kowitz)
Guten Morgen!
Freche Lüge!
Was soll an dem Morgen schon gut sein?
Der Wecker riss mich aus den schönsten Träumen. Der Alltagstrott zwang mich aus dem warmen Bett, dabei lief die Sache so gut.
Verdammt! Meiine Kissen hätten mich fast als Mitglied ihres Rudels akzeptiert. Und nun, da der Alltag ruft, musste ich ihr Vertrauen enttäuschen. Sechs Stunden Arbeit für die Katz!
Die morgendliche Routine wird abgespult. So weit so gut, Energy-Drink für den Weg und ab dafür.
Draußen ist es kalt…
Natürlich ist es das…
Es ist ja Winter. Wäre jetzt Frühling oder Sommer könnte der Morgen tatsächlich gut sein, da wäre es zumindest warm, aber nein, es ist Winter, es ist scheißkalt und ich muss raus. Und was ist mit dem Schnee? Natürlich nichts! Kalt sein kannst du, du blöder Winter, aber wenn es um Schnee geht, da bist du überfordert. Würde ja auch zu viel Sinn machen – Schnee im Winter – so ein Quatsch.
Bahn verpasst – Klasse! Jetzt stehe ich noch länger in dieser schneelosen retardierten Winterkälte herum. Da kommt doch Freude auf!
Als die Bahn endlich kommt, ist sie natürlich voll, kein Sitzplatz mehr da.
Naja, es wären theoretisch schon welche vorhanden, aber man ist ja Gentleman und Unterstützer der Unterdrückten, also sehe ich davon ab, die Halbstarken darauf hinzuweisen, dass ihr bester Freund Schultasche auch auf ihrem Schoß Platz hätte. Wäre ja unhöflich einer Tasche den Platz wegzunehmen, nicht wahr?
Endlich angekommen, nur noch ein kleiner Fußmarsch, erneute Begegnung mit dem besonderen Kind von Mutter Natur – „Hallo Winter,“ sage ich. WUSCH antwortet er. „Aha, verstehe, du mich auch.“
„Guten Morgen“, schallt es mir entgegen. Guten Morgen? Freche Lüge!
Immer Stress
Immer Stress (A. Madani)
Ich werde geweckt von meinem Wecker, der mich morgens anschreit, der so laut ist, dass schon die anderen dadurch wach sind.
Ich werde von meiner Mutter geweckt, die den Staubsauger morgens anmacht und wie eine Handgranate in mein Zimmer schmeißt.
Ich versuche aufzustehen, doch die Decke packt mich und mein Kissen wird zum Magnet.
Ich höre mein Kissen, es flüstert mir zu: „Bleib liegen, du hast noch fünf Minuten.“
Eine halbe Stunde später
Ich bin im Krieg, das Schreien meines Vaters zersprengt mein Zimmer.
Ich springe auf, zieh meine Sachen an.
Ich ziehe meine Hose an. Nicht frisch gemacht, renne ich aus dem Haus, treffe den Nachbarn – „Guten Tag“, jetzt verstehe ich keine Ironie mehr. Draußen kalt, innen warm, wie gern würde ich jetzt im Bett sein.
Ich laufe zum Auto, die Scheiben sind eingefroren, setze mich rein, versuche zu starten, doch es tut sich nichts. Das Radio habe ich vergessen auszuschalten. Die Batterie ist leer.
Ich überlege, ich überlege.
Ich renne zur Haltestelle, doch die Bahn ist schon da.
Ich spring mit letzter Kraft in die Bahn.
Ich werde von den Leuten betrachtet, als hätte ich etwas angestellt.
Ich setze mich hin und überlege, und überlege.
Ich habe kein Ticket. Wenn der Konti kommt, einfach cool bleiben. Und der Konti kommt, guckt mich an und riecht es an mir, dass ich kein Ticket habe.
Ich bekomme schwitzige Hände.
Ich atme schneller.
Ich werde rot.
Ich bin der erste, den man nach dem Ticket fragt.
Ich versuche die Zeit zu verzögern.
Ich werde aus der Bahn genommen.
Ich bekomme eine Strafe, für das Fahren ohne Ticket.
Ich habe keine Zeit. Der Konti hat die Zeit der Welt, denn die nächste Bahn kommt in zehn Minuten, er ist sehr langsam. Nach geschätzten 100 Jahren bekomme ich die Quittung, ich renne, ich renne, ich renne. Ich verliere mein Gleichgewicht. Ich rutsche. Ich schaffe das, nein, ich falle, ich stehe auf, ich renne und komme an, aber nicht da, wo ich sein möchte.
Ich stehe an der Ampel. Ich stehe und stehe und stehe. Die Ampel schaltet auf grün, ich renne und renne.
Ich komme an. Nur noch die Tür trennt mich vom Ort, wo ich seit 20 Minuten sein sollte.
Ich richte mich. Noch ein Blick, ob alles sitzt. Alles sitzt, aber am falschen Körper. Zwei verschiedene Socken, die Jacke von meinem Bruder, die Schuhe von meinem Vater und den Dreck von der Straße.
Ich klopfe an.
Ich laufe rein. Was sagt wohl der Lehrer: „Ist ja klar, wie immer du! Warst du im Krieg?“ – Nein, ich war auf dem Weg von zu Hause zur Schule.
Erdnussbutter
Erdnussbutter (M. Schulz)
Wie soll ich nur anfangen,
Wie soll ich mich entscheiden,
Immer wieder diese Entscheidungen
Und dabei hasse ich Entscheidungen.
Wofür sind Entscheidungen eigentlich gut?
Kann ich nicht rot und blau zusammen tragen?
Okay das sieht ziemlich doof aus aber
Ich will mich halt nicht entscheiden.
dann vielleicht den einen tag Rot und den anderen Blau
Aber wann welche Farbe?
Heute rot morgen Blau
Oder lieber heute Blau und morgen Rot?
Aber immer noch besser als zu entscheiden,
was Esse ich heute?
Brot oder Cornflakes
Wenn Brot, dann mit was?
Wurst
Käse
Marmelade
Oder?
Nein,
nein eigentlich gibt es kein oder
den mehr mag ich auf Brot nicht.
Nicht wirklich.
Es gibt so Freaks
die essen Erdnussbutter auf Brot,
aber so eine
so eine bin ich nicht!
Erdnussbutter ist Salzig,
Salzig dürfen bei mir nur die Pommes sein.
Pommes und … Männer
Und manchmal auch Frauen.
Noch so ein Thema
Bei dem andere meinen,
das ICH mich entscheiden müsste.
Ich! Mich entscheiden!
Ne! So geht das nicht.
Wieso muss ich entscheiden,
ob ich jemanden mag
der nun entweder
Mann oder Frau
Jung oder Alt
Schwarz oder Weiß
Groß oder klein ist
Woher soll ich denn wissen
wie der Tickt, der klein ist,
wenn ich vorher entschieden haben,
das ich nur große Ticker oder Tickerinnen an mich ran lasse?
Deshalb entscheide ich mich nicht gerne
… vorher
Deshalb entscheide ich nicht gerne
Ob ich jetzt
Straight
Oder Homo
Oder Bi
Oder Anti bin
Na gut Anti bin ich sowieso
Aber einfach gegen alles.
Selbst gegen mich.
Nicht aus Protest,
Das hab ich nicht entschieden,
dass stand einfach so fest.
Aber wenn ihr dem Kind schon einen Namen geben müsst,
dann nennt es Bi.
Dann hab ich mich noch nicht ganz entschieden
Und das ist gut so.
Denn müsste ich mich entscheiden,
würde ich das kleine Monster im Magen füttern
Das Monster welches immer entsteht wenn ich mich entscheiden muss
Manche… manche nennen es Magengeschwür.
Ich nenne es
Tamagotchi
Das hab ich heute so entschieden,
und ja dadurch alleine ist es 10 Kg schwerer geworden,
Ich hab mich dazu entschieden,
weil… mir langweilig war
Wenn mir langweilig ist, dann entscheide ich nicht,
dann tue ich einfach und bereue diese Entscheidung einfach nur,
weil ich sie nicht wirklich entschieden habe sondern
ich habe sie einfach nicht durchdacht ausgeführt
Na ja im ende ist es aber immer noch besser als mich zu entscheiden,
denn wenn ich mich immer wieder entscheide,
dann müsste ich mich auch irgendwann entscheiden,
ob ich jetzt Mann oder Frau bin.
Das mag ich nicht,
das will ich nicht
das kann ich nicht
und das werde ich auch nicht
Ich bin ganz klar eine kleine Zicke
Aber auch ein Schamör
Wenn es darum geht den Frauen die Tür auf zu halten
Und einigen Männern
Ich entscheide mich nicht jeden tag aufs Neue wer ich bin,
ich bin das dann einfach.
Ich entscheide nicht ob ich jemanden mag
Ich mag den dann einfach
Oder auch nicht.
Aber dann mag ich den genauso wenig wie ich Entscheidungen mag
Entscheidungen und Erdnussbutter.
Denn beides mag ich eigentlich so überhaupt nicht.
Kommunikation
Kommunikation (S. Rajakulendran)
Was ist Kommunikation?
Gibt es verbal, nonverbal und so weiter und sofort.
Habt ihr sicher mal in diesem Fach
gelernt… ach ja… Deutsch.
Das Näherkommen bei Menschen ist besonders davon
abhängig, was man nicht sagt.
Kinder haben es leicht. Die stehen bei der Einschulung
nebeneinander, spielen und schwupps… Freunde.
Teenies achten da schon mehr drauf, was sie sagen,
aber meist geht es auch um den Augenkontakt und
lächeln (Augenaufschlag). Naja, da spielen die
Hormone auch eine Rolle, nicht wahr?
RUHE BITTE!
wie ruhig alle plötzlich sind 🙂
Das ist Kommunikation.
Vergesslichkeit
Vergesslichkeit (S. Schachtner)
„Ich vergesse nie“, sprach mein Hirn.
„Du kannst dich nur nicht oft daran erinnern!“ erwiderte ich spöttisch.
Es antwortete eingeschnappt: „Es ist hier irgendwo, das weiß ich.“
Es gibt Momente, in denen du das sprudelnde Wissen, wie bei einem
Vulkanausbruch, aus deinem Mund fließen lassen und
auf einem goldenen Tablett, mit großen, funkelnden Augen
und breitem Grinsen, servieren möchtest.
„Okay, ich geb dir einen Tipp, erzähl doch etwas über Frau Wanka!“
Na gut, denke ich mir. Frau Wanka ist bestimmt die
Frau von Willy Wonka, dem bewundernswerten Besitzer
von Oompa Loompas. Der Erzählung zufolge lebte das Volk
der kaum kniehohen Oompa Loompa im Loompaland,
welches sich im „tiefsten und dunkelsten Teil des afrikanischen
Dschungels“ befindet.
„Nein, du Idiot, Frau Wanka, unsere Bildungsministerin! Wen interessiert denn das unnütze Wissen?“
Aus den Buchstaben des Wortes Regierung lässt sich auch „genug Irre“ bilden!
Dazu passend: Auch Krankenwagen müssen nach der Straßenverkehrsordnung
einen Verbandskasten an Bord haben.
Man sagt, Unwissenheit schützt vor nichts,
aber wie ist das mit dem Vergessen?
Selten vergesse ich Namen, vielleicht ab und zu
mal einen Zahnarzttermin, aber niemals das Beantworte
von Nachrichten!
Es dauert halt nur wenig viele Tage…
Nimm’s wie ein Vergissmeinnicht… Flower Power!
Du kannst alles wissen, was du willst,
du kannst es vergessen,
dich wieder erinnern,
aber was macht man mit dem uninteressanten Wissen?
Geht das wirklich hier rein und da raus?
Wie oft hängt man mit seinem Hirn ab und denkt an
den Freund eines Freundes deiner Cousine, der mit
dir diskutiert hat über…
„Hallo Hirn? Na, Bambusleitung heute?“
Und mein Hirn so: „Sorry, dich hier als allgemeingebildeten
Menschen zu präsentieren ist voll Niveaulimbo!“
„Hör mal auf zu darthvadern!“
„Alles schmoof! Alternative Vorschläge sind:
ich habs schlicht vergessen
ich habs einfach vergessen
ich habs vollkommen vergessen
ich habs glatt veergessen…“
„Ach, vergiss es!“